The Hole in the Rock...

oder die Antwort auf die Frage: "Wo ist die Steinstufe?"

Bei strahlend blauem Himmel und kühlen 12 Grad Frühtemperaturen waren wir auch heute wieder vor acht Uhr auf der Hole in the Rock Road unterwegs. Nach unserem Tagesplan wollten wir heute die HitRR bis zu jener Steinstufe fahren, die im Normalfall wegen ihrer Höhe einen normalen SUV in die Knie zwang, und die uns aus diesem Grunde bereits vor zwei Jahren zum Aufgeben gezwungen hatte. Diesmal wollten wir unser Fahrzeug dort abstellen und zu Fuß Richtung "Reflection Canyon" wandern.

 

Wie gesagt, so war der Plan, und der Weg war das Ziel. Wir freuten uns.

Wie bereits am Vortag kreuzten auch heute wieder jede Menge Rindviecher unseren Weg und wir fühlten uns fast wie jene die Herde zu Pferd begleitenden Cowboys, die uns von gestern noch zu kennen schienen und zu uns herüber winkten. Wir fanden es herrlich, lehnten uns zurück und ließen das Schauspiel genussvoll an uns vorüber ziehen.

 

Nach 46 Kilometern Fahrt auf einer zu unserer Verbluffung bestens gegradeten Offroadstrecke, auf der wir unerwartet flott voran kamen, wurde die Fahrt denn doch holpriger. Tiefsandige Stellen, die zu einer beschleunigten Durchfahrt zwangen wechselten sich ab mit Steinplatten und felsigem Gelände, welches einen behutsamen Fahrtstil erforderte. 


Sicherlich musste sich Ray auf die Fahrt konzentrieren, doch im Vergleich zu unserem Eindruck vor zwei Jahren war es schlicht und ergreifend kein Vergleich. Und während wir so fuhren und darauf warteten, dass endlich jene verflixte Steinstufe unser Vorwärtskommen stoppen würde, wurde uns mehr und mehr klar, dass die HitRR offenbar in Gänze ausgebessert und gegradet worden war. Und auch die Steinstufe gab es nicht mehr.... einfach weg, verschwunden, so als ob es sie nie gegeben hätte. 

 

So konnten wir praktisch die gesamten 90 Kilometer bis zum Ende der HitRR mit dem Auto fahren, mussten allerdings auch unser Tagesprogramm entsprechend dieser Veränderung anpassen. Jetzt war natürlich nicht mehr der Reflection Canyon unser primäres Ziel, sondern das "Hole in the Rock".

Und dieses Ziel wurde von den Rangern zwischenzeitlich auch schon touristisch aufbereitet, wartete doch eine Schautafel auf uns, die die Geschichte des Holes in the Rock erläuterte, sowie ein Hiking-Register, in welchem man sich eintragen konnte.

Nun standen wir also an dieser Stelle, an der im Jahre 1880 mormonische Siedler auf ihrem Weg in den Südosten von Utah mit ihrer gesamten Expedition die etwa 400 Meter hohen Sandsteinklippen überwunden hatten. Eine enge, steil abfallende Felsspalte mit sandiger Böschung - the Hole in the Rock - , an der sie 83 Wagons, 250 Menschen und unzählige Tiere abseilten, um zum Fluß hinunter zu gelangen. Nach wochenlanger Vorbereitungszeit hatten es ie Siedler tatsächlich geschafft. Sie überquerten den Fluss und setzten ihren nicht minder schweren Weg auf der Ostseite des Flusses fort.


Als wir schließlich am Hole in the Rock standen und erstmals hinunter zum tiefblau sich ausbreitenden Lake Powell hinabblicken konnten, waren wir einfach nur begeistert. Welch eine traumhaft schöne Ecke. Und wie unglaublich die Vorstellung, was die Siedler damals hier an diesem Ort mit einfachstem Gerät und Menschenkraft geleistet haben. Wow. Unvorstellbar.

Während wir unterhalb des "Holes" Boote sahen, die vor Anker gingen um vom See aus hinauf zu diesem historischen Ort zu gelangen, entschlossen wir uns als Alternativprogramm für einen Hike entlang der Cliffs auf der Suche nach den besten Ausblicken. Auf und ab, quer feldein über Slickrocks, führte unser Weg, und nicht zuletzt wegen des fast schon stürmisch wehenden Windes entwickelte sich dieses Unternehmen als tatsächlich anstrengend. Immer wieder musste ich meinen Allrad-Kriechgang zuschalten, um über die Vielzahl von Hügelchen zu klettern, die sich entlang der Cliffs aneinanderreihten.

Diese Anstrengung allerdings wurde mehr als belohnt durch die traumhaften Ausblicke auf den Lake Powell, die sich immer wieder und immer öfter vor uns ausbreiteten. Und je weiter wir nach oben kamen, umso schöner gestalteten sich die Einblicke in die einzelnen Nebenarme des Lake Powells, der - eingerahmt von tiefrotem Fels - zu unseren Füßen lag. Wie wunderschön, traumhaft, im wahrsten Sinne auch zum Abheben, denn die teilweise böigen Winde ließen es fast nicht zu, ruhig an einer abfallenden Kante zu stehen, ohne Gefahr zu laufen, "mitgenommen" zu werden.

 

Nach etwa 4,5 Kilometern Marsch (und insgesamt 300 Höhenmetern) durch dieses unwirtliche und unübersichtliche, aber traumhaft schöne Gebiet erreichten wir einen windgeschützten Aussichtspunkt, an dem wir ausruhen und uns mit einer Brotzeit belohnen konnten. Wir wollten nicht reden, sondern nur genießen, und so beachteten wir aus der Ferne wie die Boote unten am Lake Powell ihre Kreise zogen, "hörten" die Stille und fühlten uns angekommen in einem kleinen Paradies.

 

 

Auf dem Rückweg hatte der Wind zwar etwas nachgelassen, aber nun war es die Sonne, die heiß vom Himmel brannte und uns die Schritte erschwerte. Wie schön, dass man durch die herrlichen Ausblicke auf den friedlich da liegenden See immer wieder Energie tanken konnte und dadurch die Bürde des Weges ein wenig ausglich. 

 

 


Müde, aber begeistert und glücklich erreichten wir um 14 Uhr wieder unser Fahrzeug und waren erstaunt, wieviel Menschen sich doch zwischenzeitlich am Ausgangspunkt eingefunden hatten. Weniger mit dem Auto - denn außer unserem Fahrzeug war bis jetzt nur noch ein Auto hinzugekommen-; umso mehr jedoch mit Booten, die sodann vom See aus die Felsspalte hochgeklettert waren.

 

Nach zwei Stunden Autofahrt zurück erreichten wir wieder Escalante, wo wir den Abend bei einem gemütlichen Abendessen im Circle D mit Helga und Ernst, die wir aus dem Forum Discover America kannten und hier getroffen hatten, ausklingen ließen.

 

Und auch wenn wir am nächsten Tag wieder zu neuen Zielen aufbrechen würden, uns war eines klar: wir waren nicht das letzte Mal in Escalante. Zu viele landschaftliche Besonderheiten warteten hier darauf von uns entdeckt zu werden...

 

zum Inhaltsverzeichnis oder zum nächsten Tag...