Las Vegas, wir kommen...

Als wir nach einem eisigkalten Erwachen (3 Grad C) gegen 08.00 Uhr vom Bryce aufbrachen wärmte uns eine vom tiefblauen Himmel scheinende Sonne und versprach uns einen wunderschönen Sommertag. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir allerdings noch nicht, dass wir auch heute mit einer spontanen Änderung unserer Reisepläne zu tun haben würden. Was wir aber sicher wussten war, dass das Ende unserer Reise nahte und wir uns so langsam aber sicher  an Las Vegas herantasten mussten. So planten wir an diesem Tag eine Fahrt bis zum Lake Mead, wo wir an einem Campground am nördlichen Ende des Sees -  am Overton Beach - Station machen wollten. 

 

Unsere abwechslungsreiche Fahrt führt uns dann durch den Red Canyon, wir genossen Wald- und Forstatmosphäre beim Durchqueren des Dixie National Forest, wir erfreuten uns an Ortschaften mit beschaulichen gemütlichen Holzhäusern in herrlicher Gebirgslandschaft wie z.B. Duck Creek Village.  Der Weg führte uns auf kurvenreicher schmaler Straße bis auf eine Höhe von 3.300 m, wo wir wieder wunderbare Ausblicke, so auch auf den tiefblau unter uns liegenden Navajo Lake, aber auch Schneefelder am Waldrand erleben konnten. Große Espenwälder breiteten sich vor uns aus, und wir konnten erkennen, dass das Grün der Blätter gerade so aus den Knospen spitzte. Der Frühling hatte hier oben erst seit Ende Mai zaghaften Einzug gehalten.  Man brauchte hier nicht viel Phantasie um sich vorzustellen, welche lange, kalte und schneereiche Winter in dieser herrlichen Landschaft die Regel sind. 


Nach kurvenreicher Abfahrt erreichten wir schließlich Cedar City, und v.a. Ray war nach der anstrengenden Kurbelei mit dem WoMo durch die bergreiche Landschaft des Dixie National Forest  froh, dass wir endlich die Interstate 15 erreichten, die uns unserem Tagesziel relativ rasch näherbringen sollte. Es war dann kurz vor 11 Uhr (Utah-Time), als wir die Staatsgrenze zu Arizona erreichten und wir - wie schön - unsere Uhren wieder eine Stunde zurück stellen konnten. Etwa eine Viertelstunde später bereits passierten wir die Stateline Nevada, was sich nicht zuletzt auch dadurch anzeigte, dass die ersten Casinos und Werbeplakate uns Autofahrer begrüßten. Und wir hatten eine Vorahnung, dass die Zeit der Stille und Einsamkeit sich zu Ende neigte.

Bei Exit 93 verließen wir dann die Autobahn und freuten uns bereits auf einen gemütlichen Badenachmittag am See in Overton Beach. Nur wenige Meilen lagen noch vor uns, die Sonne brannte gnadenlos von einem wolkenlosen Himmel, doch als wir Overton Beach erreicht hatten trauten wir unseren Augen nicht! Hier war nichts!!! Absolut nichts!!! Kein Mensch, kein Tier, kein Campground, kein Wasser oder irgendeine Vorstellung von etwas, das nach See aussah... mit großen Augen sahen wir vor uns in eine vor Hitze flirrende staubige  verlassene Landschaft. Nur wenn man genau hinsah konnte man erkennen, dass hier früher mal Leben gewesen sein muss. Früher, als der Lake Mead noch mehr Wasser führte, so wie vor 10 Jahren, als Ray das letztemal in genau dieser Gegend war. Wir blickten auf stillgelegte Motels, Shops und Restaurants. Wir erkannten die kleinen Grills bei den Stellplätzen am Campground, und wir konnten uns lebhaft vorstellen, wie schön es hier mal gewesen sein musste, früher, als der Lake Mead auch an der Nordspitze noch über ausreichenden Wasservorrat verfügte. Jetzt war hier nur noch eine Geister"stadt", die bildhaft vor Augen führte, dass die Amerikaner - und nicht nur die - gut daran täten, mit dem kostbaren Gut Wasser sparsamer umzugehen. Ein bedrückendes Mahnmal für die Endlichkeit der Ressourcen.

Nun gut, hier konnten und wollten wir natürlich nicht bleiben, und so beschlossen wir, noch am gleichen Tag direkt bis Las Vegas weiterzufahren, wo wir morgen das WoMo abgeben mussten. So würden wir unerwartet ausreichend Zeit haben, auch Las Vegas ein wenig besser kennenzulernen als ursprünglich gedacht. Unser Ziel war der "Sam's Town RV Park", den wir nach einer Weiterfahrt durch den Valley of Fire State Park auf achterbahnmäßiger Straße so gegen 15 Uhr erreicht hatten. 

Wer jetzt annimmt, dass es sichbei Sam's Town einfach um einen Campingplatz handelt täuscht sich sehr. Natürlich hatten wir einen wunderschönen Stellplatz für unser WoMo samt peinlichst sauberer Sanitärräume, Swimmingpool etc. Also perfekt für unsere Zwecke. Aber die gesamte Anlage war in der Tat eine kleine eigene Stadt innerhalb von Las Vegas, mit eigenen Hotels, Restaurants, Casinos, Shops, Cafes und vieles mehr. Im Atrium dieser Anlage konnte man auf künstlich errichtete Häuserfassaden blicken, davor riesige Brunnenanlagen und Vogel- und Tierrufe aus der Konserve. Wieder mal wurden wir mit architektonischer Baukunst der Superlative überrascht und kamen aus dem Staunen nicht heraus.

Mit dem von Sam's Town zur Verfügung gestellten kostenlosen Shuttlebus fuhren wir dann abends zur Fremont Street, wo wir unsere Erfahrungen in Sachen Las Vegas by night machen wollten. Erstes Ziel war der Stratosphere Tower, von dem aus wir die blaue Stunde nutzen wollten, aus einer Höhe von 356 m den Blick von oben auf das abendliche Las Vegas zu werfen (und zu fotografieren). Nach einem Bodycheck durch die Sicherheitskräfte brachte uns ein Aufzug in die 108. Etage, und trotz des heißen Windes, der uns dort oben durchblies, war der Ausblick auf die Stadt einfach nur berauschend. Zusehen zu können, wie diese Wahnsinnsstadt von der Dämmerung in die Nacht versinkt und das Funkeln der Lichter im blau-rosarfarbenen Abendlicht zu genießen war unbeschreiblich. Hier oben zu stehen und dem pulsierenden Leben in dreihundert Metern Tiefe zuzusehen war verrückt und beeindruckend gleichzeitig.


Als wir dann gegen 20.30 Uhr Richtung Downtown - Fremont Street - unterwegs waren hatte es immer noch schwülwarme 31 Grad Celsius und wir mischten uns furchtlos unter das zahlreiche Tourivolk. In der im Jahre 1995 zur Fußgängerzone umgebauten Fremont Street reiht sich ein Casino an das andere, Restaurant, Shops und Musikbühnen, Straßenkünstler und sonstige Attraktionen forderten unsere Aufmerksamkeit, und wir genossen hier einen etwas schrillen, aber absolut perfekten Abend. Wir kamen auch in den Genuss eines computergesteuerten Licht- und Klangspektakels, bei dem zur Musik von Queen's "We are the Champions" atemberaubende Animationen und Clips über das "Dach" der Fremont Street liefen.

 

Wir waren die letzten Fahrgäste, die dann um 23.15 Uhr wieder zu Sam's Town zurückfuhren, und totmüde, aber auch glücklich und zufrieden, fielen wir in unser kuscheliges WoMo Bett, das wir zum letzten Mal auf dieser Fahrt genießen durften.

 

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