Rainbow - Bridge

- und eine Bootstour am Lake Powell

Auch wenn Ray seine Bundeswehrzeit bei der Marine verbracht hat und somit einen gewissen Hang zur Schifffahrt nicht verleugnen kann, so stand dieser Tag zumindest für mich zunächst unter vielen Fragezeichen. Hatten wir schließlich nicht einfach an der Bootsanlegestelle Wahweap Marina ein Boot gemietet, in das wir einsteigen und dann einfach drauf los fahren konnten. Nein. Diese Aufgabe wäre auch viel zu einfach zu lösen gewesen. Für uns musste es schon was Besonderes sein . Na gut, und ein wenig Geld sparen wollten wir auch, was zur Folge hatten, dass wir unser Boot etliche Meilen von der Bootsanlegestelle entfernt, in Big Water, gebucht hatten. Ray hatte sich zum Thema Bootsverleih schon zu Hause im Internet schlau gemacht, ging allerdings vor Ort auch zunächst davon aus, dass man uns das Boot zur Anlegestelle transportieren und dort auch zu Wasser bringen würde. Aber es wäre ja langweilig gewesen, wenn das alles so geklappt hätte! Denn dieser Service wurde von der Fa. Skylite Boat Rentals leider nicht geboten.

Welch ein Glück, dass es für alles eine Lösung gibt, denn man bot uns freundlicherweise an, dass wir zu dem Boot auch einen Truck mieten konnten, mit dem wir das Boot auf dem Anhänger dann selbst zum See transportieren und wässern konnten. Au weia, eigentlich war es ja zum Lachen, weil nie und nimmer ging ich davon aus, dass Ray diesen Vorschlag annehmen würde. Doch so schnell konnte ich dem Gespräch gar nicht folgen, so schnell hatte Ray zugestimmt. Schließlich konnte er so für wenigstens einen Tag nicht nur Skipper, sondern gleichzeitig auch Trucker sein.... Es ist wohl nicht notwendig zu sagen, dass meine Begeisterung sich in Grenzen hielt..... Doch was macht man nicht alles, damit der "große Junge" glücklich ist....

So standen wir an diesen Tag wie vereinbart mit gepacktem WoMo im Hof des Bootsvermieters, regelten die restlichen Formalitäten, um dann nach wirklich nur kurzer Einweisung in die Funktionen des Bootes kurz nach 08.00 Uhr Big Water mit Kurs auf Wahweap Marina zu verlassen. Au Mann war das ein Gefühl, mit diesem ewig langen Gefährt über die Straßen und um die Kurven zu fahren. Meine Sorge wuchs: wie sollten wir dieses Wahnsinnsteil mit immerhin ca. 9 Metern Länge unbeschadet ins Wasser bekommen??? Wir hatten zwar die letzten Tage mehrfach vor Ort beobachtet, wie andere Bootsbesitzer dies machten, aber es dann wirklich selbst zu tun ist ja dann schon wieder eine ganz andere Sache. 

Gott sei Dank waren an der Anlegestelle nur sehr wenige Menschen, die uns beobachten konnten. Ich denke auch Ray war sehr froh darüber, denn auch wenn er sich seiner Sache doch recht sicher war, blamieren wollte er sich natürlich auch nicht. Und Ihr werdet es nicht glauben: Ray hat dann das Boot derartig professionell "in Position" gebracht, dass das Boot binnen kürzester Zeit im Wasser lag und ich nur noch mit einem Ruck den Truck aus dem Wasser herausfahren und das Fahrzeug auf dem Gott sei Dank großräumigen Parkplatz parken musste. Fast hätte man auf die Idee kommen können, Ray hätte in seinem ganzen Leben nix anderes gemacht, so toll und selbstverständlich hat er die ganze Sache gemanagt, und unserem Tag auf dem See stand nichts mehr im Wege .

Um sich an die Fahrweise des seltenen Fahrtuntersatzes zu gewöhnen kam es Ray - und v.a. mir - gerade recht, dass man im Einzugsgebiet des Hafens lediglich nur im Schritttempo fahren durfte, doch kaum hatten wir diesen Bereich verlassen musste Ray natürlich schon ein wenig aufs Gas drücken. Schließlich wollte er wissen, wie es sich anhört und anfühlt, wenn der 8-Zylinder-Motor seines "Babys" aufdreht und sein Boot mit 380 PS über das Wasser gleitet. Und unsere "Rinker" folgte dem Befehl seines Herrn, hob die Nase in die Höhe und bretterte im wahrsten Sinne des Wortes über den nicht ganz so glatten See. Von "gleiten" konnte natürlich zumindest aus meiner Sicht der Beifahrerin nicht die Rede sein. 


Vielmehr lag das Boot knallhart auf der Wasseroberfläche, sprang von Welle zu Welle, wobei das Aufkommen auf dem Wasser jedesmal einen ohrenbetäubenden Schlag machte, der bei mir eher Angst und Schrecken als Freude verbreitete. Während Ray strahlte, verhielt ich mich eher ruhig und unauffällig und bemühte mich, meine Bandscheiben möglichst davon abzuhalten, aus ihrer Hülle zu springen. Was sie letztlich nicht taten, da Ray natürlich auch wieder sein Einsehen mit mir hatte und die Geschwindigkeit auf ein für uns beide angenehmes Maß zügelte. Und von da an konnte dann auch ich die Atmosphäre des Bootes und den atemberaubenden Blick auf die Schönheit des Sees wirklich genießen. Der blaue Himmel, das ebenso blaue Wasser, all das eingerahmt von rotem Felsgestein in bizarren Formen ließen den anfänglichen Schrecken recht schnell vergessen.

Während der Lake Powell zu Beginn noch breit und übersichtlich war, änderte sich dies im Laufe der Fahrt, und durch eine Menge von Seitencanyons, die sich rechts und links der Küstenränder in die Felsen geschnitten hatten, war doch ein gewisses Maß an Übersicht und Knowhow notwendig um auf Kurs zu bleiben, schließlich hat der gesamte Stausee eine Länge von ca. 350 Kilometer und seine Uferlinie summiert sich auf ca. 3100 Kilometer, das entspricht in etwa der gesamten Westküste der USA. Ziel war die etwa 70 Kilometer entfernte Rainbow Bridge, und dank Rays Ortskenntnisse sowie dank GPS konnten wir es gut verschmerzen, dass zur See offenbar auf klassische Wegweiser verzichtet wird.Der See wurde schmäler, die Felsen höher, und bei gemäßigter Geschwindigkeit gleiteten wird durch diese wild-romantische und beschauliche Gegend, bis wir nach ca. 2 1/2 Stunden die Bootsanlegestelle erreicht hatten. Und auch hier legte Ray einen astreinen Anlegevorgang hin, so dass ich nur staunen konnte. Jetzt waren es nur noch wenige hundert Meter bis zur Rainbow Bridge, dem berühmten Naturbogen, der von den Indianern als Heiligtum verehrt wird.

Während wir während der Bootsfahrt dank des Fahrtwindes die Hitze kaum gespürt hatten, war der kurze Fußweg zur Rainbow Bridge gnadenlos heiß und dadurch nicht unanstrengend. Es ging kaum ein Lüftchen, durch welches wir Kühlung erwarten durften, und so stürzten wir uns auf jedes Fleckchen Schatten, der sich zumindest am Hinweg noch durch die Felsen ergab. Doch wie schon so häufig in den vergangenen Tagen wurden wir auch diesmal durch ein wunderschönes Naturereignis belohnt, welches jede Anstrengung wert war. 

Der Gesteinsbogen war zwar schon aus der Ferne sichtbar, doch zeigte er sein magisches Gesicht erst in dem Moment, als man direkt davor stand. Riesig, groß, majestätisch und erhaben reckte er seinen weiten Arm über das ausgetrocknete Flussbett und machte spürbar, welche enormen Naturgewalten hier geherrscht haben mussten, um so ein Naturwunder zu erschaffen. Wenn man jetzt noch die Augen schloss und der Stille zuhörte, so konnte man verstehen, warum die Indianer diesen magischen Ort so sehr verehren. Und so respektierten auch wir den Wunsch, den Bogen nicht zu durchschreiten und hielten - wenn auch schweren Herzens - den gewünschten Abstand zu diesem heiligen Monument.

Nach einem netten Gespräch mit den freundlichen Rangern vor Ort, die uns noch erklärten, dass vor Millionen von Jahren wohl Dinosaurier unter Hinterlassung von Fußabdrücken an diesem Ort gelebt hätten, ging es wiederzurück zum Boot. Jetzt war Mittagspause angesagt, und Ray schipperte uns - wieder in beschaulichem Tempo - in einen der vielen Seitencanyons, wo wir bis ans Ufer des Sees heranfahren und den Bootsanker. "werfen" durften. 


Wir verdrückten unsere mitgebrachte Brotzeit, labten unsere durstigen Kehlen, und während ich es mir auf dem Bug des Schiffes für eine kurze Sonneneinheit bequem machte, zog Ray nochmal mit dem Foto und Video los, um die traumhafte Gegend, die wir hier genießen durften, auch für die Nachwelt festzuhalten. Und spätestens jetzt musste ich alle Vorbehalte gegen so eine Bootsfahrt über Bord werfen. So schön, so romantisch, so idyllisch und ungemein erholsam war die folgende Stunde, die wir wieder ganz für uns alleine hatten.

 

 Gegen 15 Uhr machten wir uns dann wieder auf den Rückweg, schließlich mussten wir unser Fahrzeug wieder bis 18 Uhr vollgetankt bei Skylite zurückgeben.

Wir hatten noch eine Fahrtzeit von ca. 2 Stunden vor uns und Ray war wieder voll in seinem Element. Ganz klar, dass er jetzt zwischendurch auch mal wieder aufs Gas gehen musste/wollte - na ja, meine Bandscheiben und ich waren ja jetzt schon einiges gewöhnt - und so genossen wir nochmals die Fahrt, die verbunden war mit einem Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit sowie einem Hauch von Abenteuer. Als wir dann um 17 Uhr an der Bootsrampe angekommen waren machte Ray das Boot zunächst mit dem Seil am Bootssteg fest, während ich zum Parkplatz sprang und den Truck samt Trailer holte und zur Anlegestelle fuhr. Ray stieg nun um in den Truck, brachte diesen in Position, so dass der Truck mit den Hinterrädern voll im Wasser stand. Und nun zog er das Boot - als ob es nix einfacheres und selbstverständlicheres gäbe - am Seil auf den Trailer, verankerte es und eh wir uns versahen befanden wir uns samt Trailer und Boot wieder auf dem Rückweg. Ich konnte wirklich nur staunen, wie easy das alles zu funktionieren schien .

Pünktlich um 18 Uhr hatten wir dann Truck samt Anhänger beim Vermieter abgegeben und konnten wieder in unser geliebtes WoMo umsteigen. Wir hatten schließlich noch einiges vor . Denn unser Tag war schließlich noch nicht zu Ende, oh nein, erst mussten wir die 200 km Richtung Monument Valley absolvieren, wo wir bereits auf dem Golding Campground einen Übernachtungsplatz für uns reserviert hatten. Von dort aus sollte unsere Tour morgen weitergehen...

 

Nun gut, wir waren uns einig, es war ein anstrengender Tag. Aber dieser Tag war auch was Besonderes, Aufregendes, etwas vollkommen Neues mit absolutem Erinnerungswert . 

 

Zum Inhaltsverzeichnis oder zum nächsten Tag