Yosemite NP

Mist Trail und John Muir Trail (Vernal and Nevada Falls)

Nach einem kurzen Frühstück aus der Kühlbox und einem wärmenden Kaffee aus der lodge-eigenen Kaffeemaschine waren wir an diesem Tag bereits um 7 Uhr startklar. Wir freuten uns auf diesen Tag, sollte dies doch der erste wirklich größere Hike in diesem Urlaub sein. Und nach der langen Anreise hatten wir Bewegung nötig.... Es war ein frischer Morgen - es hatte im Vergleich zum Vortag deutlich abgekühlt -, aber die Sonne lachte von einem strahlend blauen Himmel, die Luft war klar - 13 Grad, gerade richtig für unseren heutigen Tagesplan.

Wir durchquerten das Yosemite Village und ergatterten für Urby ein schattiges Plätzchen am Parkplatz "Happy Isle", von dem aus unser Hike mit guten. 10 km und 600 Höhenmetern startete. Ein überschaubares Tagespensum, doch gerade richtig für den Einstieg.Wir waren überrascht wie voll der Parkplatz zu dieser frühen Stunde schon war, und tatsächlich waren auch schon wirklich viele Hiker mit uns auf Achse. Der Grund wurde mir schnell klar, startete hier doch auch der Trail zum Half Dome, den sicherlich etliche unserer Mithiker auf dem Plan hatten.

 

Unser Trail führte uns oberhalb des Merced River stetig bergauf, riesige Granitboulder säumten den Weg, der Fluß rauschte und tobte unter uns, ein wildromantischer monumentaler Anblick mit einem ganz eigenen Reiz. Zwischendurch öffnete sich eine kleine Lichtung, die den Blick freigab auf die umliegenden Berge, von deren Hängen allüberall Wasserfälle hinunter ins Tal stürzten. An einer kleinen Holzbrücke, die den reißenden Fluß überquert, machten wir einen kurzen Stop und waren - wie schon am Vortag - beeindruckt von der rasanten Geschwindigkeit und Kraft, mit der der Merced River hier unterwegs war. Dazu das liebliche Bild eines über dem wild sprudelnden Fluss ruhenden Regenbogens. Welch ein Kontrast, welch eine wilde Schönheit lag hier vor unseren Augen.


Kurz nach der Brücke folgten wir dem Wegweiser "Mist-Trail", und bereits nach wenigen hundert Metern wurde deutlich, dass dieser Trail in der Tat eine sehr feuchte (nasse!) Angelegenheit werden würde. Über felsige - und damit rutschige - Stufen ging es steil bergauf. Linker Hand die herabstürzenden Wassermassen der Vernal Falls, rechter Hand eine schwarze, senkrecht nach oben ragende nasse Granitwand. Nun war es Zeit die Fotoausrüstung und sämtliches wasserempfindliche Equipment sicher im Rucksack zu verstauen und die Regenjacken zum Einsatz kommen zu lassen. Denn während zu Beginn des Trails nur ein leichter Sprühnebel zu spüren war, wurde es jetzt von Schritt zu Schritt nasser, das Tosen wurde lauter, wir hatten das Gefühl in einen kräftigen Regenschauer geraten zu sein. Die Kapuzen unserer Regenjacken tief ins Gesicht gezogen galt es jetzt nur stetig voran zu gehen, der Oberkante der Vernal Falls entgegen. Als wir diese schließlich erreicht hatten waren unsere Hosen inklusive Unterwäsche vollkommen durchnässt, und wir beneideten diejenigen Hiker, die mit kurzem Beinkleid unterwegs waren und sich nun nur die Haut abtrocknen mussten. Oder diejenigen, die eine Ersatzhose im Rucksack dabei hatten. Unsereins musste jetzt erstmal froh sein, dass die Sonne schien, und dass wir Zip-hosen trugen, deren Mikrofasern tatsächlich schnell abtrockneten.


Aber unser Einsatz wurde mehr als belohnt. Wir befanden uns direkt an der Stelle, wo der Merced River, vorbei an den Emerald Pools, die Abbruchkante passiert und unter dem Namen Vernal Falls geschätzte 70 - 80 Meter in die Tiefe stürzt. Beim Blick in die Tiefe ließen wir uns verzaubern durch riesig große, die gesamten Falls überspannende Regenbögen. Und wir genossen das Farbenspiel der mächtigen Granitfelsen, die von hellem frischen Moos überwachsen waren und im Licht der Sonne leuchteten. Ein erhabener, majestätischer und Ehrfurcht einflößender Anblick, der die Glückshormone springen ließ.

Nachdem unsere Klamotten wieder einigermaßen abgetrocknet waren und eine kleine Brotzeit verzehrt war führte uns der Weg weiter. Wir wollten nun auch die Nevada Falls erwandern, die noch ein Stückchen mehr an Kletterarbeit bedeuteten. Bereits aus der Ferne hörten wir wieder das Tosen und nachdem wir die Vernal Falls erlebt hatten konnten wir an Hand der Geräuschkulisse unschwer erahnen, was uns jetzt hier erwartete. Bereits nach einer halben Stunde Fußmarsch wurde der Sprühnebel heftiger und wir packten vorsichtshalber nochmal unsere Regenkleidung aus dem Rucksack.

Und die brauchten wir auch, dies allerdings nur für eine gute Viertelstunde, da uns der Trail - und da war ich dann doch irgendwie froh - ein ganzes Stück weit um die Nevada Falls herum führte und uns somit eine zweite Ganzkörperdusche an diesem Tag ersparte. 

 

Um 11.15 Uhr erreichten wir die Taloberkante und dabei gleichzeitig den Abzweig zum Half-Dome-Trail. An diesem herrlich sonnigen Platz tummelten sich schon etliche Hiker, die noch mal rasteten, bevor sie sich weiter auf ihren schweren Weg machten. 

Auch eine Gruppe Mulis, bepackt mit Baumaterialen und angeführt von einem Cowboy, machte hier Pause und sorgte dafür, dass sich dieser Rastplatz als ein beschauliches und harmonisch wirkendes Örtchen darbot. Da Ray und ich aber größere Menschenmengen gerne meiden gingen wir noch ein Stückchen weiter, suchten uns eine ruhige sonnige Stelle und gönnten uns ebenfalls eine wohlverdiente Pause. Wir erlebten eine fast alpenländisch anmutende Landschaft mit vielen Bäumen, Pflanzen und Tieren, mit viel Wasser und jede Menge wärmender Sonnenstrahlen. Nach dieser Rast waren es vielleicht noch 15 Minuten bis wir die Abbruchkante der Nevada Falls erreichten, und wie schon bei den Vernal Falls erlebten wir ein unvergessliches Naturschauspiel - einen bzw. mehrere traumhafte Regenbögen inklusive.

Der Abstieg über den John Muir Trail erwies sich dann zwar vergleichsweise lange, war aber weit weniger steil - und bei weitem weniger bis gar nicht nass. Sanft und stetig ging es nun bergab, und nur zu Beginn wurden wir an einer Stelle mit Felsüberhängen, von denen das Wasser herabtropfte, auf unsere Regenfestigkeit getestet. Beim Laufen genossen wir die unvergleichlichen Ausblicke auf die Nevada Falls und die ihn umrahmende Bergwelt und waren überrascht, wie lange wir das laute Tosen der Falls noch hören konnten.

Um 14 Uhr hatten wir wieder den Parkplatz erreicht und Urby freute sich, dass er uns wieder gemütlich chauffieren durfte. Auf der (Stop'n go-) Fahrt durch das Valley wurde uns dann deutlich vor Augen geführt, mit welchen Wahnsinns-Besuchermassen dieser schöne Nationalpark zu kämpfen hat. Und auch wenn wir heute einen Tag mit traumhaften Eindrücken erleben konnten; es fiel auch uns schwer, diese Menschenmassen auszublenden. Dieser Park ist zweifelsohne sehr schön, wild, monumental, romantisch. Eine Naturschönheit. Doch der immense Autoverkehr und das gesamte touristische Großaufgebot stören doch gewaltig. Dies zumindest dann, wenn man nicht so viel Zeit hat, um Trails jenseits der Touristenströme zu absolvieren und sich - wie viele andere - auf das Wesentliche beschränken muss. Und so beschlossen wir das Kapitel "Yosemite NP" für diese Reise zu abschließen und bereits morgen die nächste Etappe dieses Urlaubs anzupacken.

 

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