Es war schon eine Überraschung, als Ray mir Anfang Februar so ganz nebenbei mitteilte, dass er 1. zu seinem Geburtstag gerne auf Reisen wäre und 2. dass er im Hinblick auf ein gnadenlos günstiges Angebot bei Condor bereits unseren Flug samt Hotelarrangement und Mietauto für uns gebucht hatte .
Keine Frage, dass ich erstmal platt war, doch als er mir seine Pläne mit der ihm eigenen großen Begeisterung unterbreitete und ich zugeben musste, dass die Preise einfach unschlagbar waren, musste auch ich nicht groß zum Jubeln überredet werden.
Nachdem wir nach einem turbulenten Flug (der Flieger musste im Landeanflug nochmal durchstarten, weil er von einer Windböe erfasst wurde und somit die Landebahn nicht korrekt anfliegen konnte...) Madrid erreicht hatten, ging zunächst alles ganz flugs. Die Koffer kamen reibungslos schnell, das Mietauto stand bereit, und eh wir uns versahen saßen wir im Fahrzeug und orientierten uns an den Wegweisern Richtung Stadtzentrum Madrid. Wir waren im Hotel Emperador gebucht, und da dieses Hotel zentral in der Gran Via gelegen war, fanden wir es dank Ray's phänomenalen Orientierungssinn ruckzuck.
Das Parkproblem war noch das Größte, doch wurde uns dieses vom Hotelboy abgenommen, der das Fahrzeug auf einem - natürlich nicht gerade billigen - Hotelparkplatz abstellte. Wir bezogen unser großzügiges Zimmer, packten die Koffer aus, und natürlich ging es gleich zu einem ersten Orientierungsrundgang durch das Hotel und in die Stadt. Bei strahlendem Sonnenschein - aber immer noch frischen Temperaturen - stürzten wir uns in den lebhaften Verkehr und auf mit Menschen überfüllte Fußgängerboulevards und freuten uns . Morgen hatte Ray Geburtstag, und wir waren sicher, es würde ein schöner, ein ganz besonderer Geburtstag werden.
Der Himmel begrüßte uns am nächsten Tag mit seinem schönsten Blau, die Sonne strahlten vom Himmel, und doch waren die Temperaturen am frühen Morgen noch im einstelligen Bereich. Unsere Jeansjäckchen, die wir in einem Anfall von Frühlingsgefühlen angezogen hatten, waren fast noch ein wenig dünn, doch wir trotzten den Tatsachen und waren von Kopf bis Fuß auf Frühling eingestellt. Wir folgten dem Reiseführer über prachtvolle Boulevards hinauf und hinunter, entdeckten in den Gassen der riesigen Altstadt teilweise monumentale, dann auch wieder versteckte und romantische Plätze, die wir versuchten im Foto festzuhalten.
Der Parque del Retiro hatte es uns dann in besonderer Weise angetan. Gepflegte Grünanlagen, zahlreiche Cafes, der Palacio de Cristal, kleine künstlich angelegte Seen... dazwischen eine Vielfalt von Menschen unterschiedlichster Nationen, jung und alt, sportlich oder einfach nur flanierend... es war nicht viel Phantasie notwendig um sich vorzustellen, wie entspannend dieser Ort an einem der heißen Madrider Sonnentage sein würde.
Während unserer Erkundigungen am Tage, zu denen natürlich auch Kultur im Sinne von Museumsbesuchen zählten, hatten wir viele schöne Tapas-Bars gesehen und anlässlich des besonderen Tages wollten wir am Abend in genau einer solchen Tapas-Bar unser Geburtstagsessen einnehmen. Als wir dann gegen 19.30 Uhr unterwegs waren und durch die Straßen gingen fanden wir zwar genau jene Tapasbars wieder, doch alle waren unangenehm festtäglich hell beleuchtet und entfalteten bei diesem grellen Licht den Charme einer Kantine. Im übrigen waren zu dieser auch kaum Gäste vor Ort. Diese hatten offenbar ihre Ausgehzeit bereits am Nachmittag gehabt und würden vermutlich erst ab 22 Uhr wieder auf Achse sein.
Für unsere hungrigen Bäuche schien das nicht wirklich gemacht zu sein. Was tun? Wir hatten Hunger, und da uns auch das sonstige gastronomische Angebot - Fast-Food, Italienisch, Asiatisch - entweder nicht gefiel oder zu teuer war, entschieden wir uns für eine Geburtstagsfeier der anderen Art. Wir kauften uns einen guten spanischen Rotwein, mindestens ebenso guten spanischen Schinken, Wurst und Käse und feierten Rays Geburtstag ganz privat in unserem großzügigen Hotelzimmer. Der würdige Abschluss eines erlebnis- und abwechslungsreichen Tages, zu dem wir zwar Fotos gemacht haben, die wir jedoch für uns behalten.....
Natürlich hatten wir erst zwei Tage in Madrid verbracht und es versteht sich von selbst, dass wir allenfalls einen ersten Eindruck von dieser schönen Stadt bekommen hatten, aber wir waren nicht nur in Madrid, nein, wir waren auch in Spanien, und so wollten wir noch ein wenig weiter über den Tellerrand hinausblicken. Ein Blick auf die Karte, ein Blick in den Reiseführer, dazu der Umstand, dass wir ein Mietauto vor dem Hotel stehen hatten, ließ den Entschluss reifen, dass wir Toledo besuchen wollten, die einstige Hauptstadt Spaniens, die wir nach ca. 70 km Autofahrt erreichten.
Toledo liegt malerisch auf einem Hügel über dem Rio Tajo, der in einer Schleife ein tiefes Tal um das Hochplateau geschnitten hat. Bereits bei der Anfahrt erkannten wir die Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt, den Alcázar und die mittelalterliche Kathedrale, die die Altstadt überragten. Es war kurz nach 9 Uhr, als wir Toledo erreichten, die Parkplätze noch leer, doch es war uns klar, dass dies nicht lange so bleiben würde. Wir nutzten die Zeit, die Altstadt mit ihren engen, malerischen Gassen zu erkunden, und staunten über die majestätische Präsenz der Kathedrale, die während der Jahre 1226 - 1493 erbaut wurde und sich daher durch eine Vielfalt der Stilrichtungen auszeichnet. Welch eine Lust, durch diesen malerisch und romantisch anmutenden Ort zu laufen, und welch ein Kontrast zu der Hektik und dem modernen Stadtbild Madrids, aus der wir gerade gekommen sind.
Viel zu schnell war dieser Tag vorüber und es wurde bereits dunkel, als wir uns wieder Madrid näherten. Gott sei Dank hatten wir rechtzeitig für heute Abend bei "unserem" Italiener um die Ecke einen Tisch reserviert, wo wir bei wirklich leckerem - italienischen (!) - Essen, sehr gutem Wein und gleichzeitig schönem Ambiente bei passablem Preis den Tag ausklingen lassen konnten. Morgen war schon wieder Abreisetag, allerdings ging unser Flug erst am Nachmittag, so dass wir zumindest noch bis zum frühen Nachmittag unsere Kreise ziehen konnten. Diese Kreise führten uns nochmal zum Königspalast und in die Geschäfte der Innenstadt, wo wir auch ein paar Mitbringel für die Daheimgebliebenen zu besorgen hatten.
Und irgendwann war es dann so weit. Es hieß Abschiednehmen. Wir hatten viel gesehen und erlebt, wir hatten Eindrücke gesammelt und wir waren uns einig: diese Stadt hat ein Wiederkommen verdient, vielleicht im Frühsommer, wenn die Natur in voller Blüte steht und die Bänke in den Parks und die vielen schnuckeligen Cafés der Stadt zum Verweilen einladen. Mal sehen, ob es klappt....
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